Als Pfarrer bin ich dafür angestellt, Zeit für Menschen zu haben. Das ist wunderbar! Das Evangelium weiterzugeben ist mein Beruf geworden: Die Botschaft, dass Gott die Menschen liebt und ihr Wert nicht von ihren Leistungen abhängt. Das ist ein rechter Kontrast zum Theater, meiner früheren Welt. Status spielt dort eine grosse Rolle. Oft habe ich erlebt, wie unterschiedlich man behandelt wird, je nachdem, ob man gerade an einem sogenannt weniger bedeutenden oder an einem sehr berühmten Theater engagiert ist.

Wien, Hannover und das Zürcher Weinland

Ich bin als Bauernsohn in einer kirchennahen Familie aufgewachsen und wollte schon als Jugendlicher Pfarrer werden. Doch dann entdeckte ich meine Leidenschaft fürs Schauspiel. Viele Jahre stand ich auf der Bühne in Wien, Hannover oder Zürich und arbeitete für Film und Fernsehen. Mit Ende 40 merkte ich dann, dass ich beruflich auch mit dem, was mir am Glauben wichtig ist, etwas anfangen möchte. Und nun bin ich doch noch Pfarrer geworden – in meinem Heimatdorf im Zürcher Weinland. 

Ist die Kirche profitorientiert? 

Die Arbeit mit Text und Sprache ist mir vom Theater her vertraut. Ich liebe es, mich mit der Bibel auseinanderzusetzen und mir zu überlegen, was ein Text bedeutet und wie ich den Inhalt in andere Worte fassen kann, sodass er den Menschen lieb wird. Bei den Predigten kommt mir zugute, dass ich es gewohnt bin, vor Menschen hinzustehen. Und wenn mal etwas schiefgeht, macht es mir nichts aus zu improvisieren. 

Spannend finde ich, wie vielfältig auch meine neue Tätigkeit ist, und ich mag die Verantwortung, die damit verbunden ist. Zusammen mit den anderen Mitarbeitenden führt man als Pfarrer eine Art Kleinunternehmen. Ein Unternehmen, das sehr wohl profitorientiert ist. Der Profit orientiert sich daran, wie sehr wir als Kirche für die Leute da sind. Wie gut es gelingt, ihnen diese Botschaft des liebenden Gottes nahe zu bringen.